Mountain Whisky

Wie der Slyrs Whisky den Weg in die Berge fand

Im vergangenen Jahr erhielten wir eine Einladung zur Slyrs Brennerei am bayerischen Schliersee. Der Schliersee liegt etwas abseits der üblichen Touristenrouten. Doch wer diesen kleinen Umweg nicht scheut, wird nicht nur von einer malerischen Landschaft empfangen. In der Nähe des Schliersees liegt auch die vermutlich bedeutendste deutsche Whiskybrennerei Slyrs. Ihr Name leitet sich aus dem altbayerischen Namen des Schliersees ab und spricht sich irgendwo zwischen 'schlürs' und 'slürs'. Das hängt ein wenig von der Schwere der Zunge des Sprechenden ab.

Der Slyrs Whisky erblickte 1999 das Licht der Welt in der 1928 gegründeten Lantenhammer Obstbrennerei im malerischen Ort Schliersee. Der Inhalt der Whiskyfässer wurde für die ersten Jahre auf den dortigen Obstbrennblasen hergestellt, die für Enzian, Obstler und jede Menge ausgefallener Edelbrände optimiert waren. Der sich dadurch einstellende besonders fruchtige Geschmack führte zur liebevollen Bezeichnung des ersten Whiskys als Gerstler (Gerste + Obstler).

Schnell wurde den Verantwortlichen klar, dass man sich mit dem ersten oberbayerischen Single Malt Whisky ein zweites Standbein erschaffen konnte. Die Produktionsmengen wuchsen und damit die Anzahl an reifenden Fässern. Auch die Lantenhammer Edelbrände lagen im Aufwind und so wurde der Platz im Ortskern von Schliersee immer knapper.

2007 war es dann soweit. In der südlich des Schliersees gelegenen Gemeinde Neuhaus baute man in Sichtweite zum alles überragenden Wendelstein eine neue Whiskybrennerei in das vorhandene Auslieferungslager. Zum Einsatz kamen ab sofort keine Obstbrennblasen mehr, sondern speziell angefertigte, kleine Pot Stills, die dem Whisky nun einen mehr internationalen Charakter verleihen. Ein zugehöriges Lagerhaus wurde samt Café gleich hinter der neuen Brennerei errichtet.

Sollten sie einmal die Gelegenheit finden, einen Slyrs eines Jahrgangs vor 2007 probieren zu können, so werden sie diese Unterschiede durch die Brennblasen deutlich feststellen können. Die Wahrscheinlichkeit für so ein Probieren sinkt von Jahr zu Jahr. Die Flaschen der ersten Jahrgänge haben bereits Sammlerpreise von über 500 Euro erreicht. Trotz des Umschwenkens auf Pot Stills bewahrt sich die Brennerei einige Besonderheiten im Herstellungsprozess, so dass auch heute noch ihre Single Malt Whiskys ein fast unverwechselbares Aroma aufweisen.

Auch die Nachfrage nach den Lantenhammer Edelbränden sorgte für eine baldige größere Erweiterung. Im nördlich des Schliersees gelegenen Hausham bezog man zuerst die Räume und Hallen eines Fertigungsunternehmens der Luftfahrtindustrie, die ob ihres anhaltenden Erfolges nach Miesbach weiterzogen. Ende 2014 war es dann auch bei Lantenhammer soweit. In einer daneben frisch errichteten Erlebnisdestillerie kann man heute den Brennprozess auf acht Obstbrennblasen verfolgen.

Kommen wir zurück zur Eingangs erwähnten Einladung. Man lud uns als langjährige Begleiter der Brennerei zu einem besonderen Event ein. Wir durften die Einweihung des höchsten, deutschen Whiskylagers miterleben. Das neu gebaute Lager befindet sich oberhalb des Spitzingsees, der 20 Minuten mit dem Auto südlich des Schliersees in den Bergen liegt. Der Spitzingsee und das neue Lager liegen nicht nur in guter Erreichbarkeit der Brennerei, das Skigebiet ist auch eine beliebte Ausflugsregion der Münchener.

Man erreicht das neue Whiskylager mit der Stümpfling Sesselbahn, die einen in einer Viertelstunde auf 1.500m bis knapp unterhalb des Gipfels des Roßkopfes bringt. Etwas versteckt zwischen Jagahütt'n und Bergwacht findet sich das neu errichtete Whiskylager. Die Einweihung fand spektakulär bei bestem Wetter statt. Zwar lag am 22. Dezember 2014 noch zu wenig Schnee für eine zünftige Skiabfahrt, doch für die teilnehmenden Personen und die zu transportierenden (leeren) Whiskyfässer wurde der Sessellift extra angeschaltet.

Nach dem Aufstellen der frischen, leeren Whiskyfässer wurden sie direkt mit kleinen Mengen von zwei Jahre vorgereiftem, leicht rauchigen Rohbrand befüllt, um ein Austrocknen der Fässer bis zur endgültigen Befüllung zu verhindern. Dieser in Zukunft Mountain Whisky genannte Slyrs reift in frischen, mittelstark ausgebrannten Fässern aus amerikanischer Weißeiche. Damit der fertige Whisky nicht zu viele Aromen aus dem Holz aufnimmt, wird dieser Rohwhisky mit nur 55% Alkoholstärke in die Fässer gefüllt. Die endgültige Befüllung der Fässer mit vielen Tausenden Litern wird per Schneeraupe und großen Containern erfolgen. Drei Jahre Lagerzeit sind geplant. In 2018 wird es dann soweit sein.

Wie wird der Whisky schmecken? Nun – landläufig wird fast jeder meinen, dass in der schneidigen Bergluft und den bis zu -30 Grad tiefen Temperaturen dieser Whisky genauso intensiv und wild wie die bayerische Bergwelt schmecken wird. Doch der Verfasser dieser Zeilen ist nicht dieser Meinung. Zwar wird das leicht rauchige Malz zusätzliche, interessante Aromen in den Whisky bringen. Doch je größer die Temperaturunterschiede zwischen 25 Grad im Sommer und -30 Grad im Winter sind, um so schneller wird der Whisky reifen. Das ständige Treiben des Whiskys ins Holz und wieder heraus, sollte wie zusätzliche Lagerjahre auf diesen Slyrs wirken. Dazu der leichte Rauch – was will der Genießer mehr?